ZOCD Interview 2016

Musik als Teil der Kultur und Tradition – Vortrag und Buchvorstellung von Abboud Zeitoune
Interview durchgeführt am 20.03.2016

Vor kurzem stellte Abboud Zeitoune sein neues Buch „Modern Assyrian Music“ in Gießen vor. Abboud Zeitoune, ehemals Schüler der Taw-Mim-Simkath-Schule in Beirut, hat an der Herausgabe zahlreicher Magazine wie „Shemsho“ und „Funoyo“ mitgewirkt und war im Jahre 2014 an der Produktion einer 21-teiligen Serie über moderne assyrische Musik beteiligt. Die größten Bemühungen des im Libanon gebürtigen Managers galten jedoch der Recherche und Sammlung der zeitgenössischen assyrischen / aramäischen Musik und ihrer Akteure. So präsentierte Abboud Zeitoune den Zuhörern in Gießen das Ergebnis dieser jahrelangen Recherche und Kooperation mit Poeten aus aller Welt. Sein Doppelwerk „Music Pearls of Beth-Nahrin“ & „Modern Assyrian Music“ leistet als Nachschlagewerk über die assyrische / aramäische Musik einen wertvollen Kulturbeitrag. Das bilinguale Werk des Wiesbadeners, das in englischer und deutscher Sprache verfasst wurde, enthält eine Darstellung der Entwicklung der assyrischen / aramäischen Musik und bietet einen hervorragenden Überblick über die künstlerische Bandbreite der Musikszene. Von Gabriel Assad über Abrohom Nuro bis hin zu Habib Mousa und Juliana Jendo werden in diesem Werk bedeutende Musiker mit Leben und Wirken vorgestellt. Zudem ist eine Audio-Datei mit 60 ausgewählten Titeln aus dem 20. und 21. Jahrhundert beigefügt.
Der mit Hörbeispielen angereicherte Vortrag, im Rahmen dessen auch eine Albumpräsentation des Sängers Simon Kaplo stattfand, versetzte die Zuschauer musikalisch in ihre Kindheit und weckte Erinnerungen an die Jugend.
Auch der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland e.V. war bei dieser Buchvorstellung präsent, vertreten durch den ersten Vorsitzenden, Mike Malke, und weitere Mitglieder. Der ZOCD zeigte sich erfreut darüber, dass Abboud Zeitoune mit seinen Veröffentlichungen einen Beitrag leistet, um die Musik orientalischer Christen, die ein Teil ihrer Kultur und somit ihrer Identität darstellt, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Im Anschluss an den Vortrag beantwortete der Referent zu seiner Arbeit und seinen Werken einige Fragen.

1. Was hat Sie dazu bewegt, ein Buch über moderne assyrische / Musik zu verfassen?

Zeitoune: Ich selbst bin kein Musiker, höre aber seit jeher leidenschaftlich gerne Musik, besonders die Musik unserer assyrischen / aramäischen Tradition. In diesem Zusammenhang habe ich auch viele CDs, Kassetten und mittlerweile auch Platten gesammelt. Diese Vorliebe zur Musik entwickelte sich mit der Zeit weiter, bis ich den Entschluss fasste, das von mir gesammelte Material der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wodurch die Idee des Verfassen eines Buches darüber aufkam. Mein erstes Buch „Music Pearls of Bethnahrin“ wurde im Jahre 2007 veröffentlicht, acht Jahre später schrieb ich das Buch „Modern Assyrian Music“.


2. Woher kam die Inspiration zum Verfassen Ihrer Bücher?

Zeitoune: Wie bereits erwähnt, besaß ich aufgrund meiner Zuneigung zur Musik eine große Sammlung und wollte dieses kulturelle Musikerbe an die nach uns kommende Generation weitergeben. Den Mut, dies im Rahmen einer Veröffentlichung eines Buches zu tun, sprach mir ein guter Freund zu. Er arbeitete bei einem Verlag und überzeugte mich davon, dass es nicht so kompliziert sei, wie ich es mir vorstellte. Die Unterstützung durch meinen Freund motivierte mich immens und brachte mich dazu, das Buch zu verfassen und zu veröffentlichen.

3. Wie sind Sie zu den Informationen gelangt, die für Ihre Werke notwendig waren?

Zeitoune: Selbstverständlich war ich bei der Veröffentlichung der Werke auf die Hilfe zahlreicher Menschen weltweit angewiesen. Dafür bin ich diesen Helfern auch wirklich sehr dankbar. Wir als Christen aus dem Nahen Osten sind zerstreut und leben seit vielen Jahrzehnten in der Diaspora. Ich habe viele Freunde beziehungsweise Kontakte in Australien, in den USA, in Europa und in unseren Ursprungsländern im Nahen Osten. Deren Unterstützung, auf die ich mich verlassen konnte, habe ich dann genutzt. Heute, im Zeitalter des Internets sowie der Social Media, bietet sich die optimale Gelegenheit, sich zu vernetzen und diese Netzwerke für derartige Zwecke zu nutzen, was ich getan habe.

4. Welches Ziel hatten Sie bei der Veröffentlichung des Buches und welchen Beitrag möchten Sie damit leisten?

Zeitoune: Da ich mit meinem ersten Buch bereits einen Grundstein gelegt hatte, beschritt ich einen Weg, welchen ich nicht mehr zurückgehen wollte und konnte. Ich sehe in meiner Arbeit eine Verantwortung, eine Aufgabe, meinem Volk etwas weiterzugeben. Diese Aufgabe besteht darin, unser Musikerbe der vergangenen 100 Jahre zu dokumentieren und dieses Erbe der Welt zu präsentieren und weiterzugeben. Mein Hauptanliegen ist es, durch meine Bücher dieses Erbe an die nächste Generation zu übereichen.
Die Zielgruppe ist aus diesem Grund zunächst einmal die Jugend. Daher habe ich die Bücher auch in den der Jugend geläufigen Sprachen Deutsch und Englisch geschrieben, so dass ihnen die Lektüre vereinfacht wird. Im Nachhinein interessierten sich auch einige Universitäten des Fachbereichs Musik für meine Bücher, was mich erfreute.

5. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Musik für das assyrische / aramäische Volk?

Zeitoune: Die Musik nimmt für unser Volk eine sehr bedeutende Rolle ein. Sie ist Teil unserer Kultur und Tradition und auch Teil unserer Sprache, unserer Muttersprache, die wir meiner Ansicht nach wahren sollten. Es ist letztendlich das einzige, was wir noch besitzen. Die Musik ist ein Instrument dazu, diese Sprache zu bewahren. Solange wir unsere Sprache in Liedern wiedergeben, ist auch die Musik die Brücke für unsere Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft. Aus diesem Grund spielt Musik auch eine große Rolle für unser Volk und daher ist es auch wichtig, sich für ihren Erhalt einzusetzen.

6. Möchten Sie weitere Bücher verfassen?
Diese Frage wurde mir bereits nach der Veröffentlichung meines ersten Buches gestellt, welche ich mit einem „Nein“ beantwortete. Doch schon einige Jahre später folgte mein zweites Werk. Momentan arbeite ich an einem dritten Buch. Jedoch tue ich dies nicht alleine, sondern mit vielen anderen Freunden. Vorwiegend ist es deren Arbeit, bei der ich unterstützend tätig bin. Auch dieses Buch hat wie die vorherigen einen Bezug zur Musik meines Volkes. Gemeinsam mit den anderen Verfassern möchte ich eine Art Gesangsbuch herausbringen, mit ca. 250 bis 300 Liedtexten. Das Neue besteht darin, dass die Liedtexte in lateinischen Buchstaben gedruckt sein werden, sodass auch die kommende Generation Gebrauch von diesem Buch machen kann und in die Lage versetzt wird, bei unseren Liedern mitsingen zu können.

Der Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland bedankt sich beim Referenten und wünscht ihm gutes Gelingen bei seinem Anliegen.

(Redaktion Lilyana Cello / Christina Sarkis)
Share by: